Re: Gerettete Schriften aus den alten Hallen
von Zippasa » Mi 7. Okt 2015, 18:47
„Du wagst es, mir unter die Augen zu treten? Ich werde dich zurück in die Hölle senden!“
mit einem heftigen Schlag des Streitkolbens trifft die gerüstete Paladina den Brustpanzer des in dunklen Platten gehüllten Zwerg. Er war auf den Treffer vorbereitet und rückte nur um einige Zentimeter nach hinten ob der Erschütterung. Er hätte ausweichen oder parieren können, das wusste die Paladina.
„Verhöhnen willst du mich auch noch? Los, wehr' dich gefälligst, als wärst du einer von unserer Art!“
Ein erneuter Hieb gegen die Brust des Zwerges wird durch die verschränkten Arme des dunklen Zwerges abgefangen. Die Stiefel des Zwergs drücken sich tiefer in den Schnee der Eiskrone. Unter dem Visier verzieht sich keine Miene. Die Augen leuchten wie Kristalle. Der Rest ist starr.
„Immerhin ein Anfang. Zieh deine Waffen, ich will nicht, dass man mir nachsagt, ich würde unbewaffnete niederdreschen!“
Als würde er tun, was immer sie ihm aufträgt, zieht er die beiden Schwerter aus den Scheiden. Das kalte blaue Leuchten der Klingen, das Funkeln der Runen, die von Blut und Eis und dem Tod künden reflektiert in der Rüstung der Paladina und wird von der dunklen Rüstung des Zwerges wieder absorbiert. Der Zwerg nimmt eine Verteidigungsposition ein, den kommenden Angriff erahnend
„So ist's brav, dunkler. Jetzt empfange die Strafe des Lichts dafür, dass du mir mein Leben verdorben hast!“
Mit den Worten beginnt ein heftiger Kampf aus schweren Schlägen und Paraden. Wie zwei Erzfeinde behaken sich die beiden Zwerge, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Gebete und Siegel der Paladina treffen den Zwerg, seine dunklen Runen und Eisregen erschüttern die Paladina im Gegenzug. Die Erde wird durch dunkle und hell-strahlende Wogen abwechselnd zum heiligen und unheiligen Boden geweiht. Mitten im Kampf erhebt sich ein Ghul aus der Erde und setzt zum Sprung an, vergeht unmittelbar im Exorzismus der Paladina, die im nächsten Moment den Streitkolben gegen die Schulter des Zwergs schlägt, der daraufhin ins taumeln gerät.
„Ist das alles?“
Fordernd, hechelnd bedeutet sie dem Zwerg endlich aufzustehen, um weiter zu kämpfen. Mit einem Zwinkern steht er vor ihr und rammt das linke Schwert vor, dem die Paladina flink ausweicht, um gleich das rechte Schwert blau strahlend vor sich zu erblicken. Der schwere Streitkolben blockt den Hieb, schwingt durch die Drehung des Oberkörpers gegen den Oberschenkel des Zwergs und die Rüstung nimmt eine starke Verformung an. Die Zwergin setzt zum entscheidenden Schlag an, ein Gebet soll das Richturteil gegen den Feind besiegeln, doch es stockt ihr die Stimme. Wie in Eis gefangen, starrt sie auf den vor ihr knienden Zwerg.
„Blut..., da ist Blut an deinem Mund. Auch an deiner Seite und den Händen. … Was geht hier vor, Bestie? Was verleiht dir die Fähigkeit zu bluten, Verlassener!“
Der Griff um den Streitkolben verkrampft sich. Die erhobenen Arme senken sich leicht, ihre Blicke sind auf den Zwerg gerichtet, der zum ersten Mal außerhalb des Kampfes eine Regung zeigt. Die Schwerter klirren zu Boden und die Hände lösen die Schnallen am Helm. Der Kahle Kopf und die roten Brauen und Barthaare stehen in einem merkwürdigen Kontrast zur blassen Haut. Die strahlenden Augen zwinkern. Es rinnen Tränen aus den Augenwinkeln.
„Richte mich endlich“
Leise, fast unhörbar erklingt die dunkle Stimme des Zwergs. Sie wirkt etwas unnatürlich, als ob ihr etwas fehlt und doch ist sie voll und sehr bassig. Die dunkle Aufforderung wiederholt sich, wird lauter. Unter Tränen fleht er um die Erlösung.
„Warum, Valhall? Warum tust du mir das an. Warum bist du zurückgekehrt? Wieso konntest du nicht einfach fallen. Ein Held warst du für Bael Modan, für den Argentumkreuzzug, sogar die Sturmgreifen und Wadenbeißer hätten dich als Held der Allianz gefeiert. Warum bist du aus den widerlichen Reihen der Geißel zurückgekehrt?“
Die Stimme der Zwergin beginnt kalt, zitterig und schließlich weinerlich zu wirken. Der vor ihr kniende Zwerg verharrt fast regungslos. Immer wieder wiederholt er die gleichen Worte.
„Richte mich endlich!“
Der Streitkolben hebt sich und rasch schnellt er herab. Der Schwung hätte einen ungeschützten Zwergenschädel mühelos zu Brei geschlagen. Stattdessen ist eine Mulde in der Größe eines Ogerkopfes vor den Füßen des Zwerges. Der Griff des Streitkolbens steht fast senkrecht, die Hände der Paladina bedecken ihr Gesicht. Auch ihr Helm ist in den Schnee geworfen. Die langen Zöpfe zucken entlang ihres Rückens. Langsam fängt sie sich und kniet sich vor den kahlköpfigen Zwerg, der fassungslos auf den Streitkolben blickt.
Der Zwerg starrt unter Tränen auf die Zwergin. Er kramt, als entrinne ihm die Zeit, in seinen Taschen. Er hebt einen Brief und ein Medallion empor, welches mit Gold und mit Intarsien aus Vraccasium versehen ist. Das Wappen der Familie von Dun Garok ruht darauf. Der Schriftzug zeigt den Klan der Lichtbrecher. Wortlos öffnet er das Schmuckstück und legt somit zwei Bilder frei, die in der Innenseite eingefasst sind. Sie zeigen die junge Zippasa und den ebenso jungen Valhall. Die Namen darunter lauten Zippasa und Valhall Lichtbrecher.
„Was, beim Licht hat das zu bedeuten?“ Faucht die Paladina
Wortlos öffnet der erschöpfte Zwerg den Brief und liest in einer abwesend klingenden, monotonen Stimme die Zeilen. Die Schrift auf dem Pergament ist alt, die Buchstaben sind verschnörkelt
„Mit der Geburt unseres zweiten Kindes, ist uns ein Sohn und Stammhalter in die Familie Lichtbrecher geschenkt worden. Unseren Freunden, der Familie von Dun Garok, die uns das Leben mehr als einmal rettete zum Dank, besiegeln wir heute den Pakt. Wenn unser Beider Kinder die Ausbildung beendet haben, sollen Sie wieder zusammenfinden. Und dann soll auch der Bund der Ehe gefeiert werden, zwischen unserer Tochter und ihrem Sohn. Unterzeichnet von Moggat von Dun Garok, Paladin des Lichts und Mermatin Lichtbrecher, Paladin des Lichts.“
Der Zwerg stockt, rollt den Brief zusammen und blickt zu der Zwergin auf, die sich nunmehr ruhig vor ihm aufgebaut hat und weiter auf das Medallion starrt. Der Zwerg hebt die Stimme
„Jahrzehnte habe ich geglaubt, dass die Geschichten meiner Amme bedeuteten, dass wir einander versprochen sind. Jahrzehnte habe ich danach gestrebt, ein guter Paladin zu werden, damit wir ebenbürtig aufeinander treffen und eine Familie bilden können, mit Kindern, die dem Licht dienen können, wie wir es tun. Die grausigen Taten als erwachter durch die Hand des Lichs warfen einen so großen schwarzen Fleck auf meine Seele, nahm mir die Verbindung zum Licht und schenkte mir die Macht der Schatten. Doch tief in mir ruhte noch immer die Hoffnung, dich zu finden und davon zu überzeugen, dass der Traum, für den ich kämpfte wahr werden könnte: Eine Familie mit dir.“
Er wischt sich Schweiß und Blut aus seinem Gesicht
„Als ich vor kurzem meine Ausbildung abgeschlossen habe erhielt ich einen weiteren Brief, verfasst von meinem Vater. Er ist zwar schon lange tot, doch er verfasste ihn am selben Tag, an dem das Schreiben aufgesetzt wurde, das ich eben vorgelesen habe. Es besagt, dass er stolz ist, dass ich nunmehr ein edler Paladin sei, da ich den letzten Zirkel meiner Ausbildung erreicht habe. Er teilte mir in dem Brief mit, dass es nun an der Zeit sei, eine Hochzeit vorzubereiten, wie es der Vertrag vorgesehen hat. Er hofft darin, dass Moggat, seine Frau Darfamma und dessen Sohn Fuchsfang wohl auf seien. Und … er stockt, schluchzt … meine Schwester Zippasa wohl auf ist und sich über die Zyklen hinweg an ihren zukünftigen Ehemann, dem sie mit der Geburt des Stammhalters der Familie Lichtbrecher zum Danke für die Jahre des Schutzes und der Freundschaft übergeben worden war.“
„DU LÜGST! BESTIE! DAS IST NICHT WAHR!“ Kreischend stürzt die Paladina auf den niedergeschlagenen Zwerg und packt ihn am Kragen. Sie schüttelt ihn und blickt in seine blasse mit Blut benetzte Fratze. Ein Lichtstrahl bricht durch die Wolken auf die beiden herab. In den Schattenspielereien und Lichtreflexionen erkennt Zippasa das Gesicht ihres Onkels Mermatin, zumindest kannte sie ihn nur als Onkel.
Keuchend setzt der Zwerg an
„Ich habe die Zeilen des Vertrags immer und immer wieder gelesen. Wir sind eine Familie, aber nicht als Ehezwerge, als Geschwister! Man gab dich den von Dun Garoks, damit du dich an deinen Mann gewöhnen könntest und so ein inniges Vertrauensverhältnis bestünde, wenn ihr den Bund der Ehe antreten würdet.“ Er hustet und schluckt etwas von seinem Blut
„Ich schätze Fuchsfang hat einen ebensolchen Brief erhalten, als ich meine Ausbildung abgeschlossen habe. Die Briefe wurden über die Jahre an verschiedene Verwalter gereicht. Ich erhielt meinen von der Forscherliga aus Bael Modan. Fuchsfang muss seinen aus Eisenschmiede bekommen haben, oder Kharanos. Er hat es mir bei unserem letzten Treffen nicht gesagt.“
Die Zwergin weint aufgelöst, den Zwerg immer noch fest am Kragen gepackt. Ungehemmt rinnen die Tränen über ihr Gesicht, tropfen auf das beschmutze Banner der Sturmgreifen und das der Partisanen. Als eine Träne auf das Gesicht des Zwerges schlägt zischt es, als sei Weihwasser auf unheiligen Boden geflossen. Die rissige Haut platzt auf und darunter erwächst junge, geheilte Haut. Weitere Tränen verursachen eine Veränderung der Gesichtshaut, eine Träne, die in den halboffenen Mund des Zwerges rinnt bringt ihn zum Husten. Ein Schwall Blut rinnt über die Lippen, danach entfährt ihm ein Hauch der an Kräuter und Blumen erinnert. Mitten im Schnee der Eiskrone wachsen Blumen rings um die beiden Zwerge und scheinen das Lebensblut der beiden zu stärken.
„Dann ist es wahrlich so, dass wir Geschwister sind? Deshalb konnte ich dich nicht richten.“
Sie lässt den Zwerg in ihren Schoß sinken und verschließt die Hände und Augen und murmelt ein Gebet.
„Gepriesen sei Vraccas, der ewige Schmied und Gott der Zwerge. Gepriesen sei das Licht, das uns den Weg durch die Dunkelheit weist. Gepriesen sind die Schöpfer, welche die Irdenen schufen und das geborgene Land Azeroth beherrschten. Verdammnis den Schändern der Kreaturen, den ungerechten und den dunklen Mächten, deren Absicht es ist, uns alle zu entzweien und so mit Zwietracht die Überreste unserer Allianz zu besiegen. Du, Valhall Lichtbrecher, aus dem Klan der Lichtbrecher, Garde der Truppen von Bael Modan, Paladin des Lichts und doch Ritter der schwarzen Klinge, Jagdkommandeur der Waldland Partisanen und Schlächter der Feinde der Allianz, du sollst wissen: von diesem Tage an vergebe ich dir.“
Licht umschließt ihre Hände und fährt in seinen Leib. Die Wunden beginnen zu heilen, die Haut erstrahlt in neuem Leben. Sie hilft dem dunklen auf. Sie betrachtet ihn von oben bis unten. Sie erkennt immer mehr Ähnlichkeiten zu ihrem Onkel und ihrer Tante, die, wie ihr erst jetzt bewusst wird, eine große Ähnlichkeit zu ihr selbst hat.
„Fuchsfang weiß es bereits? Seit einigen Wochen nicht wahr? Er meidet meinen Blick, er hat geheime Treffen mit Gelehrten und dem Than. Plötzlich ergibt alles einen Sinn. Aber warum hat er nicht mit mir gesprochen? Habt ihr einen Plan ausgeheckt?“
Der Zwerg schüttelt den Kopf und winkt ab
„Er bat mich, dich nicht zu kontaktieren. Es war ein ebensolcher Schock für ihn. Er wollte sich erst einmal an die neue Situation gewöhnen. Er war vier als ich geboren wurde und du erst zwei. Seit dem kennt er dich als Schwester, nicht als Eheweib. Er hat sicherlich mit den Gelehrten gesprochen, um die Echtheit der Briefe zu prüfen. Doch die Siegel sind echt. Die Dokumente können von der Tinte her dem Alter zugeordnet werden, es gibt Zeitzeugen von dem Bund, ich habe einige in Bael Modan getroffen, bevor ich mich nach Dun Garok aufmachte, um Fuchsfang zu sprechen. Ich denke er wird sich dir bald offenbaren. Dieser Tag heute, war nicht geplant, ich wusste nicht, dass sich unsere Klingen hier kreuzen würden.“
Nickend betrachtete die Zwergin die Umgebung. Langsam sammelte sie Helm und Streitkolben auf, reichte auch Valhall seinen Helm und die Schwerter, nicht ohne diese zuvor zu begutachten. Anerkennend übergab sie die Klingen.
„Du wirst verstehen, dass ich das erstmal für mich ergründen will. Ich verschone dein Leben und nehme deine Worte an. Ich werde nun meinen Greifen gen Heimat nehmen. Ich werde dich wissen lassen, wie und wann ich wieder Kontakt möchte.“
Wortlos wenden sich beide nach einer kurzen Verneigung voneinander ab und prüfen die Sattlung der Greifen, steigen auf und beginnen den Ritt in die Wolken. Nach wenigen Minuten trennen sich ihre Wege und beide verschwinden am Horizont.
Zippasa verneigt sich, setzt den Helm auf und schwingt sich mit einem Satz auf den gesattelten Greifen
"Auf dann Sturmgreifen, wir sehen uns dann in der Schlacht. Möge Vraccas und das Licht uns treu und unser Bier niemals alle sein!"